Bildungsbedarf in Regelsätzen viel zu gering bemessen
Schaut man sich die in den Hartz-IV- beziehungsweise Sozialhilferegelsätzen enthaltenen Beträge für Bildung an, kann man nur mit dem Kopf schütteln. Je nach Alter sollen zwischen 23 und 72 Cent monatlich den Bildungsbedarf für Kinder und Jugendliche decken. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bundesregierung bereits 2014 dazu aufgefordert, die in den Regelsätzen enthaltenen Bedarfe für Bildung aufzustocken – passiert ist seitdem nichts. Verschiedene Sozialgerichte haben jüngst diverse Jobcenter verurteilt, die Kosten für Schulbücher oder die Anschaffungskosten eines internetfähigen Schulcomputers inklusive Zubehör zu übernehmen. Die Gerichte wenden dabei eine besondere Auslegungsregeln an, weil es im Gesetz keine unmittelbare Anspruchsgrundlage für die Kostenübernahme gibt: Die Bildungsbedarfe fallen zwar nur einmalig an, erfüllen aber einen laufenden Bedarf und sind deshalb zur schulischen Teilhabe von Schülerinnen und Schülern sowie zur Sicherstellung ihres menschenwürdigen Existenzminimums als laufender Mehrbedarf zu erbringen.
Kostenübernahme beantragen
Der Erwerbslosenverein Tacheles ruft daher Eltern von Schulkindern ab der Sekundarstufe I dazu auf, die Übernahme dieser Kosten bei Jobcentern und Sozialämtern zu beantragen. Dazu gehören Schulbücher und – soweit kein geeignetes Gerät bereits im Haushalt vorhanden ist – internetfähige PCs, Laptops oder Tablet-Computer. Zudem kommt auch die Übernahme der Kosten von sonstigen einmaligen Anschaffungen wie Übungsbücher, andere von der Schule geforderte spezielle Arbeitsmaterialien oder Kopierkosten in Betracht. Entsprechende Musteranträge sind auf der Internetseite des Vereins zu finden.
Unterstützung bei Ablehnung
„Wir gehen allerdings davon aus, dass solche Anträge zunächst mit Verweis auf die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf in Höhe von 100 Euro pro Jahr abgelehnt oder allenfalls als Darlehen bewilligt werden“, schätzt Harald Thomé von Tacheles die Lage ein. „Hier gilt es gegen die Entscheidung Widerspruch einzulegen und im Falle einer erneuten Ablehnung zu klagen, sowie im Falle akuter Bedarfe in die Eilklage zu gehen.“ Um ihr Recht durchzusetzen, sollten sich Betroffene an örtliche Beratungsstellen beziehungsweise Wohlfahrts- und Sozialverbände sowie im Sozialrecht versierte Anwälte wenden. Diese finden Sie über www.my-sozialberatung.de oder über Beratungsangebote vor Ort.